News

Mit Publikationen in HR-Today  und GPI (Publikationsorgan der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik)

Oktober 2022 

OLMA oder Oktoberfest?


Beides führt in der Regel zu einem veritablen Räuschchen. Bei Ihnen etwa nicht? Und kann man eigentlich auch ohne Alkohol an diesen Festen Freude haben?

Aktuell challenge ich die Gastronomiebetriebe mit Wünschen nach alkoholfreien Getränken. Eine grosse Auswahl gibt es normalerweise nicht. Cola, Tee, Kaffee, Alkoholfreies Bier. That's it. Aber nicht überall!

Im Rossbüchel (auf dem Fünfländerblick) gibt es alkoholfreie Weine und alkoholfreien Prosecco. Und das in guter Qualität.
Und auf der Hochwacht (auf den Lägern) mixen die Bediensteten sehr kreative Getränke zusammen.

So macht es Spass, auch mal "trocken" auf die Piste zu gehen. Challengen Sie doch für mich die OLMA, das Oktoberfest und regionale Gastronomiebetriebe auf alkoholfreie Alternativen. Über Ihr Feedback würde ich mich freuen. Oas, zwoa, gsuffa!

Juni 2022 

Summerdays - Keep it simple!


Wer übermässig reflektiert, 
sich selber dadurch malträtiert.
Doch permanent nur monokausal, 
macht vieles einfach zu banal.

Gefordert von der Wissenschaft, 
ist Nuanciertheit - noch und noch. 
Verkaufen lässt sich sowas nicht, 
denn nur die Einfachheit besticht!

Und für die Psyche - ohne Witz.
Triviales mehr bekömmlich ist.
So lass ich aus Gesundheitsgründen,
Meine Gedanken in den Leerlauf münden.

Wer mit mir dann im Sommer spricht,
und denkt, der Typ sei nicht ganz dicht.
Oder meint, mir fehle es an Sozialisation,
Falsch gedacht - ich mach gezielte Regeneration!
 

Ich wünsche Ihnen angenehme und auch gedanklich entspannende Sommertage.

Roger Rechsteiner 

März 2022 

Blumen der Liebe


Ich glaub' an einen Frühling in der Welt,
ohne Illusion und Utopie,
der neu und schön, der Dir und mir gefällt,
an einen Weltenfrühling, wie noch nie.

Ich glaub' ans Meer von neuer Möglichkeit,
wo gegen Waffen man auf Erden streikt.
Wo man auf unserer Welt, so gross und weit,
zum echten Grusse sich die Hände reicht.

Wo man dem unsichtbaren Feinde ruft:
"Ich will nicht streiten hier bis in den Tod,
ach stecke ein Dein Schwert, es ist nicht gut,
es bringet Dir wie mir, nur Leid und Not!"

Werk' für den Frieden, der auch Dir gefällt,
tue dasselbe, was auch ich jetzt tu.
Mache es hier wie dort, in aller Welt,
ich mag Dich, und mich magst Du.

Pflücke die Blumen schönster Wonne,
Blumen der Versöhnung, ach wie gut.
Pflück' mit mir hier unter uns'rer Sonne,
die Blumen der Liebe und mein Freund bist du!


Karl Dold - 
Mein Grossvater

Dezember 2021

 

Karrierekiller Burnout! Und andere Märchen über psychische Belastungsreaktionen.


Unter diesem Titel engagiere ich mich am 5. St. Galler New Work Forum, welches von der Ostschweizer Fachhochschule am 19. Januar 2022 organisiert wird. Dieses setzt sich für eine gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung ein und wartet mit einer Fülle an Fachbeiträgen und Mitwirkungsmöglichkeiten für die Teilnehmenden auf. Bei Interesse freue ich mich über Ihre Anmeldung.
 

Mein Workshop startet mit einem Inputreferat von ca. 20min. Darin wird erörtert, was man in der angewandten Psychologie unter dem Begriff «Burnout» versteht, wie sich so etwas entwickeln und auch wieder abbauen kann. Der Fokus liegt dabei auf einem umfassenden Verständnis von psychischen Belastungsreaktionen, die bei weitem nicht nur einem immer schneller werden Arbeitsumfeld zuzuschreiben sind.

Wie man ein «gesundes» Verhältnis zu Stresssituation aufbauen kann und diese auch als «Trainingsmöglichkeiten» zu betrachten lernt, wird im zweiten Teil eingegangen. Das Verständnis gegenüber und der gesellschaftliche Umgang mit Personen, die von psychischen Belastungsreaktionen betroffen sind, wird dabei kritisch unter die Lupe genommen.

Das Inputreferat endet mit einer Beschreibung der aktuell wichtigsten «Denkschulen» in der klinischen Psychologie. Aus ihnen resultieren unterschiedliche Behandlungsansätze bei psychischen Belastungsreaktionen. Dies führt dazu, dass das Thema Burnout in der klinischen Psychologie nach wie vor sehr heterogen diskutiert wird. Es bietet jedoch grosse Möglichkeiten, wenn es gelingt, Behandlungsansätze verschiedener «Denkschulen» zu kombinieren.

Das Ziel des Workshops ist es, ein differenzierteres Bild über Burnout und den Umgang mit psychischen Belastungsreaktionen zu erhalten. Sie sind herzlich dazu eingeladen, sich im zweiten Teil des Workshops, an der Diskussion zu beteiligen und Ihre Sichtweise einzubringen. 

Ich würde mich freuen, Sie am 5. St. Galler New Work Forum begrüssen zu dürfen. Bis dahin wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie frohe Festtage und alles Gute für das kommende Jahr.

Roger Rechsteiner

Oktober 2021

Corona Pandemie sorgt für markanten Anstieg an psychischen Belastungen

Strauss, Berger & Rosendahl (2021) konstatieren in ihrer Studie, dass die COVID-19 Pandemie eine markante Zunahme von Sorgen und Stress zur Folge haben. Sie stützen dabei auf den Gallup National Health & Well-Being Index ab, der seit Mitte 2019 sprunghaft angestiegen ist. Zukunftsängste, Existenzängste, finanzielle Sorgen, Angst vor gesundheitlicher Beeinträchtigung und viele weitere Stressfaktoren, die durch die Pandemie hervorgerufen werden, sind für psychische Belastungen mitverantwortlich.

Resultate einer anderen aktuellen Umfrage in den USA zeigen zudem auf, dass Burnouts zu einem der Hauptgründe zählen, weshalb Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen. Unternehmen befassen sich deshalb vermehrt damit, wie man mit dem Thema "Burnout" konstruktiver und unverkrampfter umgehen kann. Damit wirkt man auch der Stigmatisierung dieses Themas entgegen.
How companies are dealing with burnout to keep workers on board (cnbc.com)

Burnouts in der Schweiz erleben zur Zeit einen Höchststand. Bemerkenswert ist der tabuisierende und stigmatisierende Umgang mit diesem Thema. Und zwar derart, dass der im SRF-Beispiel portraitierte Manager anonym bleiben möchte. Ich bin überzeugt, dass sich da in den nächsten Jahren einiges ändern wird. Denn zunehmendes Wissen über psychische Belastungen wird Berührungsängste abbauen und diese als genau so normal und behandelbar einstufen, wie körperliche Beschwerden.
SRF News - Burnout-Kliniken sind voll ausgelastet - Play SRF  

Interessieren sie sich dafür, wie sie persönlich, ihr Team und/oder ihr Unternehmen besser mit diesen Belastungen umgehen können? Gerne unterstütze ich sie dabei.

Herbstliche Grüsse,
Roger Rechsteiner


Quelle

Strauß, B., Berger, U. & Rosendahl, J. Folgen der COVID-19-Pandemie für die psychische Gesundheit und Konsequenzen für die Psychotherapie – Teil 1 einer (vorläufigen) Übersicht. Psychotherapeut 66, 175–185 (2021). https://doi.org/10.1007/s00278-021-00504-7 

Juni 2021

Selbstbewusstsein - Hab ich das?
Ein kleines Streitgespräch.

Zuerst zur Theorie: Selbstbewusstsein bedeutet, dass man sich seiner Persönlichkeit (mehr) bewusst ist. Und wie wird man selbstbewusster? Indem man sein Verhalten, seine Gefühle und seine Gedanken selber analysiert. Gespräche mit Personen, denen man vertraut, unterstützen diesen Prozess und führen letztlich zu einem grösseren (und nachhaltigeren) Selbstbewusstsein. Nachhaltiges Selbstbewusstsein fördert die psychische Resilienz, da man ruhiger und überlegter agieren kann und auch besser versteht, weshalb man in welchen Situationen wie reagiert. Ein stetiger, feiner und schöner Prozess, für den man aber innerlich offen sein muss.

«Herr Rechsteiner – jetzt reicht’s aber mit diesem esoterischen Zeug! Ich bin wer ich bin, mach was ich will – solange ich niemandem schade - und fühle mich gut. Also lassen Sie mich in Ruhe mit Ihrem Burnout- und Resilienzgeschwafel. Reflektieren, dahin vegetieren und sich vor lauter Philosophieren selbst ins Burnout manövrieren…»


Pardon? Ich wollte mich zum Thema Selbstbewusstsein äussern.

«Ja – bla bla bla. Das mit dem Selbstbewusstsein ist genau gleich. Entweder man hat es, oder man hat es nicht. Ist Einstellungssache. Da muss man kein Mitleid haben, wenn sich jemand selbst zum Opfer macht.»

Und? Haben Sie denn Selbstbewusstsein?

«Was für eine Frage! Klar doch. Sonst würde ich Ihnen auch nicht meine Meinung sagen.»

Sagen Sie immer allen so ehrlich Ihre Meinung?

«Ja, sicher. Ich bin so.»

Auch Ihren Vorgesetzten und Ihrer Frau?

«Ja, sicher. Also eigentlich immer. Respektive, manchmal kann man das eben nicht so direkt.»

Weshalb nicht?

«Weil es manchmal einfach nicht gut ist. Der Chef wird sauer, wenn ich an den Produkten rumnörgle. Und meine Frau wäre enttäuscht, wenn ich Ihr sage, dass die Nachbarin… Also sie wissen schon…»

Wäre es nicht selbstbewusster, wenn Sie entweder bewusst nichts sagen, direkter wären, oder wertschätzender Dinge ansprechen könnten, die Sie gerne ändern würden? 

«Was hat das mit Selbstbewusstsein zu tun? Ich bin ich – was soll da denn noch sein? Und ich mach wie ich will. Und ich habe meine Meinung! - Und meine Meinung von Ihnen, Herr Rechsteiner, habe ich mir soeben gemacht. Ihnen hat wohl das ständige Reflektieren ein Brandloch im Hirn verursacht. Einen schönen Abend noch, Sie Klugscheisser! – Pardon: Sie «Fragensteller».

 

Durchschütteln. Distanzieren. Schmunzeln.

 

«Diesem Rechsteiner hab ich’s mal so richtig gegeben 😊. Wenn der wirklich Selbstbewusstsein hätte, dann hätte er mir zumindest verbal Parole geboten. Aber nicht mal zu dem ist er fähig…»

Mai 2021

Emotionen am Arbeitsplatz

Sind Emotionen am Arbeitsplatz gut oder schlecht? Und ist ein zu emotionales Verhalten überhaupt professionell? Schauen wir mal ein bisschen genauer hin.

Emotionen und der Umgang damit, sind sehr persönliche Dinge. Sie zu unterdrücken, kann problematisch sein. Nicht ausgelebte Emotionen stauen sich innerlich auf und können dafür später unkontrolliert zu Tage treten. Was heisst das nun für den Umgang mit unseren Emotionen am Arbeitsplatz? Ist es nicht der Inbegriff von Professionalität, immer freundlich zu sein und zu lächeln? Ich möchte dieses Thema anhand folgender drei Aspekte beleuchten: Einstellung, Authentizität und Leistung.

Unsere innere Einstellung steuert die Emotionen gegenüber einer Sache oder Mitmenschen. Gehe ich von einem positiven Welt- und Menschenbild aus, werde ich darin oft bestätigt. Gleich verhält es sich, wenn ich eine negative Einstellung habe. Grundsätzlich ist jede Person frei, ob sie mit positiven oder negativen Gedanken durch die Welt gehen möchte. Negative Einstellungen gehen aber oft mit psychischen Beschwerden einher, da unsere Gedanken die Wahrnehmung formen. Und Misstrauen und Ängste sind gängige Begleiterscheinungen von Burnout und Depressionen. Aber wie kann ich meine Einstellung ändern? Handeln. Unsere neuronalen Netze (und damit die Gefühlswelt) verändern sich nur über konkretes Handeln. Gedanken können Antreiber dafür sein. Erfahrungen, Enttäuschungen und Erfolge resultieren letztlich aber nur aus Handlungen. Und wenn man das Scheitern nicht verurteilt, sondern als wichtigen und notwendigen Entwicklungsprozess versteht, dann bleibt man aktiv, was die Chance auf Erfolg erhöht. Deshalb: Mut haben und Dinge wagen. Auch am Arbeitsplatz!

Man ist wie man ist. Und wenn man so sein darf, wie man ist, dann ist man authentisch. Sich ständig verbiegen zu müssen (emotionale Dissonanz), kann zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Dies gilt es im Umgang mit Kunden oder anderen Stakeholdern zu beachten. Wie geht das nochmal? Der Kunde ist König? Nein. Er ist Partner. Er will etwas von uns. Und wir wollen etwas von ihm. Also gleichberechtigt. Insofern obliegt es jedem Organisationsmitglied selber, wie er sich gegenüber dem Kunden verhält. Und da kommen die sozialen Fähigkeiten ins Spiel. Wenn man besser versteht, warum sich wer, wie verhält, kann man ruhiger und zielführender mit Situationen umgehen. Und umso resilienter man ist, umso weniger berührt einem «inkorrektes» Verhalten (bezogen auf die eigene Person). Trotzdem gibt es Grenzen. Bei Beleidigungen, Drohungen und willentlich unwahren Aussagen, gilt es entweder ein klärendes Gespräch zu führen, oder die Kommunikation (vorübergehend) einzustellen. Denn auch die zwischenmenschlichen Verhaltensformen haben ihren Preis. Und sich permanent rumzuärgern, sei dies als Kunde oder auf der Unternehmensseite, führt zu negativem Stress. Und diesen Preis muss man nicht bezahlen. Dazu darf man stehen. Sprich: Authentisch sein.

Und nun zum letzten Aspekt: Leistung. Emotionen sind wichtige Treiber für Leistung. Wenn man Emotionen nicht ausleben kann, führt das zu Leistungsminderung. Schauen Sie sich zum Beispiel die Fans eines Fussballspiels an. Wieviel Energie da plötzlich für etwas frei wird, an dem man in der Regel nur emotional und nicht finanziell beteiligt ist, ist faszinierend. Idealerweise geht es auch am Arbeitsplatz um das Ausleben von positiven Emotionen. Aber es darf auch mal Platz für negative Emotionen haben. Deshalb ist ein gutes und vertrauensvolles Teamklima so wichtig. Wenn ich mich im Team verstanden und akzeptiert fühle, dann kann ich mich mitteilen, meine Emotionen platzieren und Unterstützung erfahren. Und das fühlt sich definitiv gut an. 

Abschliessend muss auch die Frage erlaubt sein: «Gibt es denn auch ein «zu viel» an Emotionen?» Ja. Nämlich dann, wenn einen die Emotionen derart beeinflussen, dass Entscheidungsfindungen nur noch auf ihnen basieren. Oder wenn Emotionen als «Stilmittel» eingesetzt werden. Diese zum Teil absichtlich überbordenden Emotionen, sind zum einen nicht authentisch und zum anderen auch anbiedernd. Fazit: Emotionen am Arbeitsplatz ist viel Gutes abzugewinnen. Aber wie Paracelsus schon sagte: «Alles ist Gift - Auf die Dosierung kommt es an.»

April 2021

Burnout: Leid oder Chance zur Entwicklung?

(Publiziert in HR-Today Nr. 4/2021)

In der Arbeitswelt ist das Wort Burnout oft mit Fragen und Schuldzuweisungen verbunden. Stigmatisierungen und Diffamierungen sind schnell zur Hand, da sie komplexe Sachverhalte vereinfachen. Doch es geht auch anders.

Ein Burnout kommt nicht «überraschend», vielmehr ist es eine Summierung von ungünstigen Faktoren. Diese können geschäftlicher wie auch privater Natur sein. Hinzu kommen die individuelle Persönlichkeit und der Umgang mit schwierigen Situationen. Die Gründe für ein Burnout auf ein oder zwei Faktoren zu reduzieren, wäre deshalb höchst unseriös. Die Komplexität und dieses «Nicht-so-genau-Wissen» sind aber Gründe, weshalb viele Menschen keinen Zugang zum Burnout finden.

Ein zentraler Aspekt der Burnout-Prävention ist die Unternehmenskultur. Wer akzeptiert oder fordert, dass Mitarbeitende fast rund um die Uhr erreichbar sind, fördert ein Ausbrennen. Solchem Verhalten ist vom Management entgegen­zuwirken. Die Ursachen dafür? Eine falsch verstandene Kundenorientierung oder ein Präsentismus aus Profilierungsgründen. Beides wird in Unternehmen häufig gefördert statt gehemmt. Im gleichen Zug werden von den Mitarbeitenden Engagement, Eigenverantwortung und Rücksicht auf die eigene Gesundheit gefordert.

Das Resultat dieser Zielkonflikte sind Leistungsabfälle und Fehltage. Dieser Entwicklung können anonymisierte Umfragen zur Unternehmenskultur entgegenwirken, wenn die Ergebnisse vom Management kritisch betrachtet werden. Auch die Fehltage der Mitarbeitenden gehören auf die Balanced Scorecard jedes Unternehmens, das sich glaubwürdig für die Gesundheit der Mitarbeitenden einsetzt. Was es bei der Burnout-Prävention aber besonders braucht, ist der Mut des Top-Managements, Defizite im Betrieb anzugehen, Missstände ehrlich aufzuzeigen und zielführende Massnahmen zu ergreifen. Dies ist als Investition zu verstehen und sollte sich in den Zielsetzungen der Führungskräfte wiederfinden.

Verständnisprobleme und Zielkonflikte beim Thema Burnout

«Werter Herr Rechsteiner. Sie träumen, wenn Sie das Gefühl haben, der Kunde sei nicht König. Er gibt den Takt vor. Da hat man sich anzustrengen. Sonst erhalten wir keine weiteren Aufträge!» Solche und ähnliche Aussagen höre ich des Öfteren. Genau da liegt aber das Problem: Einem Kunden mal Nein zu sagen, ist genauso wichtig, wie man das auch im Privaten tut. Jemand, der sich ständig am Limit dessen bewegt, wozu er fähig ist, brennt langfristig aus. So geht es auch Unternehmen und deren Mitarbeitenden, wenn sie ihre Aufträge nicht nachhaltig abwickeln.

Auf der Strecke bleiben oft motivierte und gewissenhafte Mitarbeitende, die für ihre Zuverlässigkeit bekannt sind. Qualitäten, die jeder Kunde schätzt und die man schützen muss, um nachhaltig zu wirtschaften und letztlich mehr Erträge als mit einer kurzfristigen «Hüst-und-Hott-Strategie» zu generieren. Börsenkotierte Unternehmen mit einer ausgeprägten Shareholder-Value-Ausrichtung sind besonders burnoutgefährdet.

Burnout ist komplex und hängt an vielen «Fäden». Deshalb ist das Verständnis dafür so wichtig und eine Prävention vor allem dann erfolgreich, wenn sie auf höchster strategischer Ebene angesiedelt ist. Nichtsdestotrotz sind auch im Kleinen wirksame Handlungen möglich.

Reintegration von Mitarbeitenden mit Burnout

Wenn wir von der strategischen auf die operative Ebene zu sprechen kommen, stellt sich die Frage, wie man jemanden integriert, der ein Burnout erlitten hat. Viele Ratgeber ermahnen zu einer fein abgestimmten Leistungsanpassung, individuellen Zielvereinbarungen und viel Mitgefühl. Das passt nicht in jedem Fall. Viele Betroffene schämen sich und wollen keine Extrabehandlung. Sie wollen Verständnis für ihre Situation, aber keine übertriebene Umsorgung. Schliesslich wollen und können sie sich von einem Burnout erholen. Der Umgang damit liegt aber primär in ihrer Hand und damit auch der Entscheid, ob sie an die ursprüngliche Arbeitsstätte zurückkehren möchten. Sind dort die Voraussetzungen für eine Integration derart schlecht, dass sich diese kaum verwirklichen lässt, sollten Betroffene besser nach Alternativen suchen. Diesen Entscheid kann ihnen aber niemand abnehmen.

Falls Arbeitnehmende an ihren angestammten Arbeitsplatz zurückkehren können, bietet sich idealerweise ein Gespräch zwischen Mitarbeitendem und Vorgesetztem an, um einen Integrationsfahrplan bestimmen. Dieser ist bewusst nicht zu detailliert zu halten, da man sonst der Gefahr der «Überadministration» unterliegt und auch – zum Teil vom Betroffenen selbst gemachten – Druck erzeugt. Daneben ist es wichtig, sich darüber zu unterhalten, was störende und belas­tende Faktoren sind. Das erfordert Offenheit, Ehrlichkeit und ein gegenseitiges Kommitment. Wenn Arbeitnehmende und Mitarbeitende unabhängig von einer therapeutisch begleiteten Persönlichkeitsentwicklung gemeinsam an der Integration arbeiten, kommen oft organisatorische und zwischenmenschliche Schwachstellen zutage, die alle Beschäftigten betreffen. Deshalb ist Burnout auch eine Chance zur Verbesserung und Innovation. Konstruktiv angegangen und in den Berufsalltag integriert, sind namhafte Bottom-up-Entwicklungen möglich. So lässt sich auch für die anderen Mitarbeitenden die Arbeitssituation oft verbessern.

Lernkultur, Integrationsform und Trennung

Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Vorgesetzte um nichts kümmern müssen. Vielmehr sollten sie Strukturen schaffen, die einen rückfallvermeidenden und präventiven Charakter haben. Einzel- und Teamgespräche offenbaren oft ein enormes Potenzial an Innovationen, sofern man sie erkennt. Der Wille zu einer lernenden Organisation ist deshalb sehr bedeutsam. Um gemeinsam Lösungen zu entwickeln, eignet sich ein partizipativer Führungsstil, der alle Mitarbeitenden und ihre Ideen ernst nimmt. Das dadurch entstehende Wir-Gefühl ist zentral bei der Burnout-Prävention.

Überdies stellt sich oft die Frage, ob Integration unabhängig vom Leiden erfolgen soll. Sprich: Ist es dasselbe, ob ich jemanden mit einem Krebsleiden oder einem Burnout integriere? Grundsätzlich macht es wenig Unterschied. Betroffene sind ernst zu nehmen, deren Anliegen sind zu integrieren und ihnen ist keine Extrabehandlung im Sinne der «Überumsorgung» zukommen zu lassen. Auch eine stufenweise Anpassung an die Belastungsgrenze ist wichtig. Dies hat einen Trainingscharakter und sorgt für eine bessere Resilienz. Ist der Wille für ein gemeinsames Weiterkommen unternehmensseitig nicht mehr vorhanden, ist eine Trennung das letzte Mittel. Eine vom Unternehmen initiierte Kündigung verur­sacht bei den Betroffenen jedoch häufig Existenz­ängste und psychisches Leid. Das führt zu überproportional hohen sozioökonomischen Folgekosten, die es tunlichst zu vermeiden gilt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Burnout indiskutabel Leid verursacht. Es bietet aber mindestens so viele Chancen, weil sich hinter dem negativen Image manch unerkanntes Entwicklungspotenzial verbirgt. Sei es auf persönlicher oder unternehmerischer Ebene.

März 2021

Wie Werte unser Wohlbefinden beeinflussen


Weshalb sind unsere Werte und Einstellungen so wichtig für unser Wohlbefinden? Werte sind die Grundlage unserer Einstellungen. Aus ihnen leiten wir ab, was für uns «richtig» und was «falsch» ist. Sie bilden also die Basis für unser individuelles Handeln. Auch viele Unternehmen deklarieren Werte, die ihnen wichtig sind. «Ökologische Nachhaltigkeit», «Gesellschaftliche Verantwortung», «Sorge um die Mitarbeiter», etc.. Aber geht das alles unter einen Hut? Da drängen sich per se verschiedene Zielkonflikte auf. Und Zielkonflikte beeinflussen unser Wohlbefinden.

Beginnen wir mal auf der individuellen Ebene. Man könnte schon fast philosophisch fragen: Sind unsere eigenen Handlungen immer kongruent mit unseren Werten? Definitiv nicht. Kann man auch kaum, da sonst die Gefahr besteht, zum unflexiblen Dogmatiker zu werden. Aber wie viele Abweichungen von unseren Werten dürfen es dann sein? Und wie stark stören mich diese Abweichungen? Bin ich überhaupt noch «geradlinig», wenn ich mich zu viel anpasse? Diese und ähnliche Fragen geht jeder unterschiedlich an – oder man geht sie (noch) nicht an. Je nachdem, wie man es mit der Selbstreflexion hält. Antworten auf diese Fragen können zu individuellen Unterschieden im Wohlbefinden führen, die gar nichts mit dem Unternehmen zu tun haben. Ich denke, dass hier jeder selber gefordert ist und im Themengebiet der Persönlichkeitsentwicklung viele Lösungen zu finden sind.


Kommen wir zur unternehmerischen Ebene. Derselbe Konflikt zwischen deklarierten Werten und gelebten Werten, gibt es auch bei den Unternehmen. Was sind denn die wirklichen Ziele einer Unternehmung und wer bestimmt diese? Und passen die mit den oft «schöngefärbten» deklarierten Werten überein? Nützt es, wenn die Marketingabteilung tolle Werte definiert, sich diese vom Management oder Verwaltungsrat «absegnen» lässt, aber wenig mit der Realität zu tun haben? Ich denke, dass an dieser Stelle noch mehr Positionierungsarbeit geleistet werden könnte. Und zwar im ehrlichen, authentischen Diskurs zwischen Management, Mitarbeitenden und Öffentlichkeit. Wäre es denn so schlimm, eine konsequente Gewinnmaximierung als Wert zu definieren? Dann weiss zumindest jeder Investor, der schnelle Gewinne möchte, ob er da nicht noch «Nachhaltigkeit» mitfinanziert, die er eigentlich nicht möchte. Dasselbe gilt auch vice versa und für alle Schattierungen dazwischen.

Und nun treffen diese beiden Welten "Individuum" und "Unternehmen" aufeinander. Erstens sind beide mit ihren «unvollkommenen Werten» am kämpfen. Zweitens gilt es die inneren Konflikte der Unternehmen und Individuen besser zu verstehen und drittens, nach aussen auch noch möglichst Einigkeit zu zeigen. Herrgottsack! Da muss einem ja schwindlig werden… Und sich dabei selber einigermassen treu zu bleiben und immer wieder neu auszutarieren, was für einem noch stimmt und was nicht, ist anspruchsvoll und braucht viel Geduld. Kommt noch hinzu, dass alle Unternehmensangehörigen wiederum unterschiedliche Werte haben. So nützt es z.B. wenig, wenn das Unternehmen und ich selber den Wert «Transparenz» vertreten und der Vorgesetzte möchte, dass wir aus betriebsinternen, machtpolitischen Gründen bewusst nicht genauer rapportieren, dass unsere Abteilung schon seit längerer Zeit nicht genügend ausgelastet ist. Konfusion und Konflikt vorprogrammiert!

Sich in diesem Tumult zurecht zu finden, verlangt Selbstdisziplin, Verständnis und Wohlwollen. Gelingt es aber, sich dieser Komplexität mehr bewusst zu sein, können Spannungen besser verstanden und somit konstruktiver angegangen werden. Es geht also nicht nur um die eigenen Werte, sondern um das Verständnis des Zusammenspiels vieler Werte, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Je offener, toleranter und reflektierter man das tun kann, um so einfacher wird es.

Februar 2021

Umstellung auf Dauerlaufmodus


Wie geht es Ihnen? Eine Frage, die ich momentan seltener höre, als in «gewöhnlichen» Zeiten. Wieso? Einerseits, weil ich weniger persönlichen Kontakt mit Mitmenschen habe. Andererseits, weil man oft das Gefühl hat, dass das Gegenüber genügend mit sich selbst beschäftigt ist und einem etwaigen «Jammern» meinerseits, nicht noch Aufwind verleihen möchte.

Aber mal ehrlich – langsam habe ich genug von den Einschränkungen, von den täglich gleichen Schlagzeilen, von den ständig unbeantworteten Fragen und von den Gehässigkeiten, die sich Politiker und Experten an den Kopf werfen. Aber was kann man dagegen tun? Ich denke, dass die Einstellung zur Situation ein Schlüsselfaktor für einen positiveren Umgang ist. Nehmen wir das Beispiel der Gehässigkeiten. Ich kann mich entweder aufregen und diversen Personen vorwerfen, dass sie die Zeit falsch genutzt haben, um bessere Antworten zu erhalten, oder die Impfkampagne besser zu planen, oder weiss der «Kuckuck» was… Oder aber, ich kann mir die Komplexität der Situation vergegenwärtigen und feststellen, dass Problemlösungsverfahren und Wissenschaft eben genau der Prozess von «Try-and-Error» ist. Auch wenn man versucht, möglichst strukturiert an die Sache heranzugehen - man weiss nie so richtig, ob das, was man nun herausgefunden hat, «stimmt» oder nicht. Es ist zum närrisch werden!

Deshalb scheint es mir vernünftiger, mental auf «Dauerlaufmodus» umzustellen. Als erstes gilt es festzuhalten, dass jede Erkenntnis, egal in welchem Setting, zu einem besseren Verständnis der Situation beiträgt. Mehr aber auch nicht. Aber immerhin etwas, nicht? Ein zweiter wichtiger Aspekt, ist die innere Distanz zur Situation. Jeder leistet seinen Beitrag – egal auf welche Weise (ohne Gewalt) – zur Besserung der Situation. Davon bin ich überzeugt - auch wenn gewisse Ansichten zutiefst meinen Überzeugungen widersprechen. Zumindest wird im schlimmsten Fall der Diskurs gefördert. Drittens, und das ist sehr schwierig, ist die innere Akzeptanz der Situation. Speziell herausfordernd ist es dann, wenn Bekannte von uns direkt betroffen sind. Sei es von den «Haupt- oder Nebenwirkungen» von Corona. Akzeptieren ist ein Prozess, und braucht Zeit. Wie Trauern. Im respektvollen und wertschätzenden Umgang mit unseren Mitmenschen, unterstützen wir diesen Prozess.


Insgesamt lässt es sich mit diesen Hilfestellungen einfacher leben – auch vor dem Hintergrund, dass die Corona-Pandemie noch länger andauern kann. Ich wünsche Ihnen hiermit viel Ausdauer und ein verständnisvolles Miteinander.


Roger Rechsteiner 

Januar 2021

Von Drohkulissen und Entwicklungsprozessen - Resilienzförderung

Jetzt muss mal endlich «Klartext» gesprochen werden! Dieser Corona-Pandemie ist nur damit Herr zu werden, in dem wir uns alle gewaltig am Riemen reissen! Gääähhhn. Schon wieder eine  pathetische Aufforderung für ein unbestritten wichtiges Anliegen. Für mich scheint es in etwa die 648igste, die ich jetzt gerade mehr oder weniger aktiv lese. Als verantwortungsvoller und gewissenhafter Mensch hat das auf mich fast schon eine beleidigende Wirkung. Gebe ich mir doch mittlerweile beinahe ein Jahr Mühe, mich einigermassen korrekt zu verhalten. Solche Aussagen können auch provozieren und Trotzpotenzial wecken. Ja wie ist das denn? Wirken solche Aufrufe überhaupt noch? Oder ist das Pulver für ein glaubwürdiges und nachhaltiges Motivieren - für ein ohne Frage sehr wichtiges Anliegen - schon verschossen?

Kennen Sie ähnliche Situationen aus Ihrem Arbeitsumfeld zu berufsbezogenen Themen? «Wenn wir jetzt nicht mehr Umsatz generieren, dann wird’s kritisch. Wenn wir jetzt nicht endlich unsere Unternehmenskultur ganz konsequent umsetzen, dann geht es bachab! Wenn wir diese Deadline nicht einhalten, dann… uiuiuiuiuiui». 

Diese Drohkulissen können kurzfristig funktionieren, aber mit Nachhaltigkeit und Persönlichkeitsentwicklungsprozessen haben sie wenig zu tun. Leadership by scare-mongering ist leider oft noch an der Tagesordnung. Das müsste aber nicht sein. Eine Ursache dafür ist fehlende Kreativität in der Führungswahrnehmung. Positive Anreizsetzungen und nachhaltiges Motivieren durch Zielbesprechungen auf Augenhöhe, stärken die Resilienz. Weshalb? Weil geteilte und erlebte Verantwortung Denkmuster verändert. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Gefühlsebene aus. Und eine positiv besetzte Gefühlsebene ist ein wichtiger Faktor zur Burnoutprävention. Mitarbeitende mehr in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, erfordert aber Mut und Führungsstärke. Was wäre zum Beispiel, wenn man als Vorgesetzter offen zugibt, dass man keine Lösung hat und diese sich erst entwickeln muss? Oder Informationen nicht zurückbehält, um sich Zeit für unangenehme Situationen zu verschaffen, damit man nicht in Argumentationsnotstände gerät?

Diskussionen auf Augenhöhe und Informationssymmetrie erfordern Mut. Es besteht die Gefahr für den Vorgesetzten, Macht zu verlieren. Aber wo es etwas zu verlieren gibt, gibt es auch was zu gewinnen. Und oft ist der Gewinn ein Vielfaches vom Verlust. Wie wäre es mit mehr Respekt durch Transparenz - was ja wieder in Machtgewinn münden würde? Oder Innovation durch unfiltrierte Information? Natürlich - einige Plattitüden, die man als Vorgesetzter bis anhin vielleicht gebraucht hat, funktionieren dann nicht mehr. Aber was wollen wir letztlich? Machtverlust verhindern oder selbständigere, gewissenhaftere und leistungsfähigere Mitarbeitende?

Kommen wir zum Schluss. Es geht nicht darum, dass man von heute auf morgen die Führungskultur fundamental umkrempelt. Aber studieren wir mal ein paar Szenarien durch und überlegen uns, wo und was denn Negatives oder Positives passieren könnte. Und probieren wir was aus. Ausprobierte und mitarbeiterorientierte – ob gelungene oder misslungene – Versuche, fördern die Resilienz aller Beteiligten. Wir sprechen hier von Entwicklungsprozessen. Und die beginnen im Kleinen. In kleinen Versuchen. Das neue Jahr ist offen dafür. Ich wünsche Ihnen dabei von Herzen viel Erfolg.

 

Roger Rechsteiner

Dezember 2020

Burnoutprävention am Arbeitsplatz - Fokus Fehlerkultur

(Publiziert in GPI Nr. 4/2020 - Publikationsorgan der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik)


"Weshalb ist es so oft falsch, was ich mache?" Eine Unternehmenskultur, die von strikten Vorgaben geprägt ist und keine Gestaltungsfreiräume vorsieht, führt zu Demotivation und zu Abschreibungen auf den Selbstwertkonti der Mitarbeitenden. Und damit nicht genug. Problembehaftete Arbeitssituationen mit Kollegen und Vorgesetzten führen zu Dauerstress und münden oft beim Arzt. Betriebswirtschaftliche Verbesserungen können hier mit wenig Aufwand bereits viel bewirken.


Konservativ geschätzt, sind ein Drittel der Bevölkerung einmal im Leben von einer psychischen Störung betroffen. Dies verursacht Leid und auch hohe Kosten. In Europa betragen die Gesundheitskosten, bedingt durch psychische Störungen, knapp 300 Mia. Euro. Rund die Hälfte davon sind indirekte Kosten - also Kosten, welche aus Minderleistung bei der Arbeit oder gar Arbeitsausfällen resultieren (Wittchen & Jacobi, 2011, S. 87). Auch wenn diese Zahlen schon fast 10 Jahre alt sind, so sind sie heute nicht kleiner geworden Im Gegenteil. Die psychische Belastung auf dem Arbeitsmarkt nimmt stetig zu (Uhle & Treyer, 2015).

Eine Form der Burnoutprävention ist eine gelebte Fehlerkultur. Und diese ist gar nicht so einfach umzusetzen. In der Theorie ist es leicht gesagt, dass man Fehler akzeptieren und bewusst mal übersehen soll. Doch was sind denn eigentlich Fehler? Für viele Menschen sind Fehler sämtliche Soll- und Ist-Diskrepanzen. Und das «Soll» ist oft sehr subjektiv. Zudem fehlt es oft am reflexiven Denken. Dient der entstandene Ist-Zustand nicht vielleicht sogar besser der Problemlösung, als der subjektiv geplante Soll-Zustand? By the way – wir sprechen hier von Prozess- und Gestaltungsaufgaben im Dienstleistungssektor. Und nicht von Schnittfehlern im Operationssaal.

Auch inadäquates Führungsverhalten und autoritäre Strukturen mit wenig Kompetenzdelegation können zu willfährigem und eingeschüchtertem Verhalten führen. Da nützt es wenig, wenn viele Unternehmen sich nach aussen als «Best Employer» brüsten wie toll ihre Arbeitsbedingungen sind, wenn im Kleinen die Dinge nicht funktionieren. Unternehmenskultur beginnt eben genau dort. Im Kleinen. Wenn der Vorgesetzte ständig auf Fehlern herumhackt, so wird der Mitarbeiter bestimmt nicht selbstbewusster. Eher sogar zum frustrierten Opportunisten. 

Keine Fehler machen zu dürfen, macht krank. Und in der Schweiz, in der die Uhren besonders genau ticken, erhält diese Thema umso mehr Relevanz. Schön also, wenn wir grosszügig und tolerant sein können. Dies fördert die psychische Gesundheit unserer Mitmenschen, deren Leistungsfähigkeit und schafft letztlich auch mehr Gewinn. Zur Eingangsfrage: «Falsch» ist immer relativ. Versuchen wir uns dessen vermehrt bewusst zu werden.
 

 

Quellen:

Uhle, T. & Treier, M. (2015). Betriebliches Gesundheitsmanagement. (3. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer.

Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie und Psychotherapie. Berlin, Heidelberg, New York: Springer.

November 2020

Modernes Stigma: Burnout

Wer kennt sie nicht? Die Slogan's "Black live matters", "Me too" oder "Save the planet". Prominente Themen, die zurecht eine breite Unterstützung erfahren und Akzeptanz in der Bevölkerung haben. Wie sieht es da beim Thema Burnout aus? Burnout hat noch eine relativ kleine Lobby. Und dies hat seine Gründe.

1. Burnout ist schwer greifbar und verständlich.
Ein Sioux-Sprichwort besagt: "Womit man sich nicht beschäftigt, das kennt man nicht. Was man nicht kennt, davor fürchtet man sich. Und was man fürchtet, das zerstört man." Eine Form der Zerstörung ist die Stigmatisierung von Burnout-Betroffenen. Diese negative Brandmarkung führt dazu, dass Heilungsprozesse deutlich schlechter ablaufen und Betroffene sich nicht trauen, sich dazu zu äussern, da sie mit negativen Konsequenzen am Arbeitsplatz oder gar sozialer Ächtung rechnen müssen. Und das im 21. Jahrhundert!

2. Burnout äussert sich auf den ersten Blick oft unangenehm für das Umfeld.
So sind Ausprägungen von  Burnout z.B. Launenhaftigkeit, Antriebslosigkeit, Reizbarkeit und Traurigkeit. Alles Dinge, die im ersten Moment unangenehm sind. Doch drehen wir den Spiess einmal um. Anstatt mit dem Finger auf die Betroffenen zu zeigen, wäre es besser sie zu fragen, warum sie so empfinden. Nicht dass man danach gleicher Meinung sein muss. Aber das Bemühen, sich besser verstehen zu wollen und gegenseitigen Respekt zu zeigen, kann "Wunder" bewirken.

3. Burnout geht oft mit "unkonventionellem" Handeln einher.
Nicht verstehen, warum der andere wie reagiert, heisst noch lange nicht, dass er krank ist. Soziale Unangepasstheit muss nicht nur in der Pubertät stattfinden. Hinzu kommt, dass soziale Normen und Werte vom Umfeld geprägt sind und auch laufend ändern. Deshalb sind Personen, die sich nicht immer konvergent verhalten, nicht zwingend krank, sondern tragen zur Werteentwicklung bei - ob subjektiv positiv oder negativ. Wäre dem nämlich nicht so, so würden wir heute noch wie im Mittelalter leben.

So what? Die Stigmatisierung von Burnoutbetroffenen ist ein Spiegelbild für eine Gesellschaft, die im Bereich psychische Gesundheit noch wenig aufgeklärt ist. Burnout kann nämlich als Krankheit oder als vorübergehende, intensive Form der Persönlichkeitsentwicklung gesehen werden. Wenn es uns also gelingt, offener gegenüber Dingen zu sein, die wir auf Anhieb nicht verstehen, tragen wir aktiv zu einer toleranteren und aufgeklärteren Gesellschaft bei.

Oktober 2020

Fördert Homeoffice das Burnoutrisiko?

Diese Frage kommt im Zuge der COVID-19 Pandemie immer wieder mal aufs Tapet. In den meisten Berichten resultiert als Ergebnis ein relativ klares "Ja". Ich denke aber, dass man die Sache etwas differenzierter betrachten sollte.

Zum einen stehen noch viel zu wenig gesicherte Daten für eine fundierte Antwort zur Verfügung. Und zum anderen gilt es sich jeweils zu überlegen, welche Autorenschaft mit welcher Absicht zu diesem Thema publiziert. Alleine vor diesem Hintergrund, gilt es vorsichtig zu sein. Nur - was nützt uns das?

Es hilft uns, sensibler an das Thema Burnout - kombiniert mit COVID-19 und Homeoffice - heranzugehen. Und ein sensibler Umgang fördert das Verständnis für dieses hochkomplexe Thema. Damit leben zu können, kein abschliessendes Ja oder Nein auf die Ausgangsfrage zu erhalten, ist nicht jedem gegeben. Und da fängt's bereits an. In einer Welt, in der alles klare und eindeutige Antworten hat, lebt es sich gut. Aber nur solange bis man feststellt, dass man mit den klaren Antworten nicht mehr weiterkommt. Für die einen ist das kein Problem, da sie sich dann einfach sagen: "Ups, dann lag ich eben falsch und überleg's mir nochmal neu." Für die anderen überwiegt die damit verbundene - und als unangenehm empfundene - Neuordnung der Situation und beharren tendenziell auf den einmal von sich gegebenen Antworten.

Alleine die persönliche Disposition und der individuelle Umgang mit Situationen hat entscheidenden Anteil darüber, inwiefern man burnoutgefährdet ist. Von den biologischen, psychodynamischen und behavioristischen Faktoren ganz zu schweigen. Und all das, kombiniert mit COVID-19 und Homeoffice, lässt keine einfache Antwort zu. Frustriert? Vielleicht liegt's an Ihrer Disposition ;-) Darum zur inneren Beruhigung:

Dauerhaftes Homeoffice führt tendenziell zu einem erhöhten Burnoutrisiko, da der physische Kontakt zur Aussenwelt deutlich kleiner wird. Also eine Form der Vereinsamung. Und damit vorderhand genug. Oder wollen Sie es doch genauer wissen?

Ich wünsche Ihnen angenehme Herbsttage,
Roger Rechsteiner

September 2020

Arzt-Patient-Verhältnis auf Augenhöhe. Wo besteht Handlungsbedarf?

 

«In unserer Klinik herrscht ein Arzt-Patient-Verhältnis auf Augenhöhe.»

Sind solche Aussagen überhaupt möglich, wenn offensichtlich eine Informations- und Wissensasymetrie besteht? Erfahrungen im vergangenen Monat zeigen eine zentrale Handlungsempfehlung für die klinische Psychologie.

Gleich vorab. Klinische Psychologie ist ein hochkomplexes Thema, das sich noch – trotz enormer Behandlungsfortschritte – in den Kinderschuhen befindet. Nicht zuletzt wegen dieser vielen ungeklärten Fragen ist die Stigmatisierung von psychischen Beschwerdebildern auch heute noch gang und gäbe. Die folgenden Überlegungen sollen aber nicht über die zahlreichen positiven Entwicklungen in diesem Gebiet hinwegtäuschen.

Was gilt es nun, neben Behandlungsforschung und Öffentlichkeitsarbeit, zu tun? Den Informationsbedarf des Patienten glaubwürdiger stillen, damit Arzt und Patient gemeinsam besser entscheiden können! Dabei geht es nicht so sehr darum, den Patienten möglichst medizinisch, diagnostisch einwandfrei zu informieren, sondern das Vorgehen zu plausibilisieren. Somit kommt der Patient auch aus der «Patientenrolle» und wird zum Mitbeteiligten an einem Entwicklungsprozess, was in der modernen Psychologie für sehr wichtig befunden wird (Uhle & Treier, 2015). 

Von Vorteil wäre es sicher, wenn sich Ärzte, Therapeuten und Pflegepersonal besser über ihre aktuellen Wissensstände austauschen, damit diese die Patienten proaktiver und schneller (vor)informieren können. Häufig befinden sich diese in einer unangenehmen Warteposition. Gut strukturierte, elektronische Patientendossiers würden hier z.B. Abhilfe schaffen. Das wirft natürlich wieder neue Fragen auf: Gibt es denn auch eine Überinformation? Wo liegt das Optimum? Ab wann wird man zum "gläsernen" Arzt oder Patienten? Und ab wann macht ein Klinikaufenthalt Sinn und wo ist eine ambulante Behandlung zweckmässiger? Welche kulturellen, informationstechnischen und administrativen Barrieren gilt es dabei aus dem Weg zu räumen?

Generell liegt im Gesundheitswesen bei der Digitalisierung noch grosses Aufholpotenzial. Da dieser Sektor auch heute noch stark von hierarchischen Strukturen geprägt ist (was z.B. im Operationssaal auch notwendig ist!), tut man sich mit Modernisierungen an administrativen und vor allem kulturbedingten Schnittstellen noch schwer. Und damit auch in der heilungskritischen Patientenkommunikation in der klinischen Psychologie.

Je mehr es also gelingt, den Patienten in die Überlegungen und Abwägungen der Spezialisten mit einzubeziehen, umso glaubwürdiger wird der «vielgepriesene» Kontakt auf Augenhöhe. Wann und wie man das tut, sollte von der Klinik und den Ärzten eindeutig kommuniziert werden. Ob man es tut, ist für den Heilungserfolg und die Compliance des Patienten entscheidend. 

 

Weiterführende Literaturempfehlung:

Oggier, W. (2015). Gesundheitswesen Schweiz 2015-2017. (5. Aufl.). Bern: hogrefe

Seelos, H.-J. (2012). Medizinmanagement. Wiesbaden: Springer

Steel, Z. et al. (2014). The global prevalence of common mental disorders : a systematic review and meta-analysis 1980-2013. International Journal of Epidemiology, 476-493.

Uhle, T. & Treier, M. (2015). Betriebliches Gesundheitsmanagmenet. (3. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer.

Wittchen, H.-U. & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie und Psychotherapie. Berlin, Heidelberg, New York: Springer.

August 2020 - Projekte & Aufträge.

Der kommende Monat steht ganz im Zeichen von Projekten und Aufträgen. So widme ich mich einerseits dem Gesundheitsmanagement in Kombination mit Digitalisierungsfragen, andererseits werde ich mich intensiv mit klinischer Psychologie und Psychotherapie auseinandersetzen.

Was mich dabei besonders freut: Die Erfahrungen der letzten Monate können nun ganz spezifisch eingesetzt werden. Und gegenseitigen Vorbehalten von Schul- und Alternativmedizin geht es konstruktiv an den Kragen. Mir scheint dabei sehr wichtig, sich intensiv mit der Theorie verschiedener Konzepte auseinander zu setzen, damit auch eine gehaltvolle, permanente (Selbst)Reflexion stattfinden kann. 

Oder ist Schulmedizin zu konventionell, pharmadominiert und pseudointegrativ? Und Alternativmedizin sowieso nur Hokuspokus? Ich bleibe dran.

Juli 2020 - Relax Report.

Im Juni hat es nun endlich geklappt. Aber nicht so wie ich vermutet habe. Die Sache ist andersrum gelaufen. Ich wurde nicht aktiv mit Entspannungsempfehlungen bedient, sondern musste selber ein Auge dafür entwickeln... Und das habe ich im Juni gemacht:

- 1h Meditation unter buddhistischer Anleitung genossen
- Interessante Gespräche mit Freunden und Familie geführt
- Positive Frequenzschwingungen via Fernbehandlung und "Healy" erhalten
- Bewusst und konzentriert seichte Literatur gelesen
- Trail Running & Stretching mit meiner Frau praktiziert
- Alkohol, Zigarren und Medikamente in dosierten Mengen selber dispensiert
- Gärtnerarbeiten erledigt (Umtopfen wirkt sehr beruhigend)
- Ohne Erwartungen Golf spielen gegangen
- 30min im Pavillon (Cabane) von Jean Nouvel im Schlosspark Wartegg rumgelegen
- Mit Zeit und Musse grilliert und gekocht
- Mit meiner KV-Lehrerin französisch via WhatsApp geübt (war z.T. auch anstregend)
- Unkonventionelle Arbeitsmethoden angewendet (die Sau rausgelassen)
- Leuchtpyjamas für Frühgeburten bei der EMPA angeschaut
- Mit Kindern gespielt 
- Mit vielgereisten Personen spazieren gegangen
- Kräutergarten vom Schloss Wartegg inspiziert
- Bewusst gelacht und mich an kleinen Dingen erfreut
- Beruhigungsmusik über den Radiokanal angehört
- Termine mit klinischen Psychologen, Astrologen und Steuerexperten vereinbart
- u.v.m.

In diesem Sinne wünsche ich allen erfrischende Sommertage.

Tiefenentspannte Grüsse,
Roger Rechsteiner

Juni 2020 - Relax more.

Vielen Dank für die 0 eingesendeten Relax-Anregungen im Mai. Toll! Ich laufe immer noch massiv im roten Bereich. Habe mir deshalb eine grüne Hanfpalme angeschafft und verfüge über eine Rattan-Lounge, auf der man z.B. im Schneidersitz versuchen könnte, durch mentale Konzentration ca. 50cm in die Luft abzuheben. Zuerst muss aber noch ein Sichtschutz zum Nachbar her. Ich möchte diese Theorien von undefinierbaren Flugobjekten nicht noch unnötig befeuern.  Darum bitte gesellschaftsverträgliche Entspannungsempfehlungen einreichen. In den Bereichen transzendentale Massagen, Antistress-Hypnotisierung und homophone Gesangsmethoden fühle ich mich übrigens noch etwas schwach auf der Brust...

Mai 2020 - Relax.

Leistung sei das Resultat aus der richtigen Dosierung von Anstrengung und Entspannung. Ich will im Wonnemonat Mai aber nicht meine Leistung steigern, sondern besser entspannen lernen. Für Anregungen aller Art bin ich Ihnen dankbar. 

April 2020 - Lockdown as a chance to invest into relationships.

Rund ein Monat ist geschafft... Wie sieht es bei Ihnen aus? Langsam genervt von der Situation oder bereits schon so damit vertraut, dass Sie gar nicht mehr anders wollen? Vielleicht haben Sie aber auch Schicksale in Ihrem Umfeld zu beklagen, die den Blickwinkel fundamental verändern. Sich gegenseitig versuchen zu verstehen, um besser einordnen können, wer die aktuelle Situation wie empfindet, ist persönliche Wertschätzung. Also Themen rund um Kommunikation, Psychologie und Beziehungsmanagement. So einfach es tönt, so schwierig ist es in der täglichen Anwendung.
Um sich darin zu üben, muss man Risiken eingehen. Wie? Reden miteinander. Auch über Unangenehmes oder Dinge, bei denen man nicht versteht, weshalb der andere sich so "komisch" verhält. Das kann Beziehungen strapazieren. Aber es bleibt letztlich der einzige Weg. Denn nichts zu tun, um sicher zu gehen, niemanden zu verletzen, höhlt jede Beziehung langsam aber sicher aus. 
Nun ist Frühling: Lassen wir uns von der blühenden Natur inspirieren und packen wir's an!

Herzliche Grüsse,
Roger Rechsteiner

März 2020 - Unterstützung in schwierigen Situationen

Stehen Sie als Führungs- und Privatperson vor schwierigen Herausforderungen und möchten sich mit einem neutralen Spezialisten über die Vor- und Nachteile verschiedener Handlungsoptionen austauschen? Benötigen Sie kreative und pragmatische Ideen zur sofortigen Verbesserung Ihrer Geschäftslage? Oder sind Sie auf eine professionelle Begleitung von Mitarbeitenden in  schwierigen Berufs- und Lebenssituationen angewiesen? Kontaktieren Sie mich unverbindlich. Ihr Anliegen wird vertraulich, fair und umsichtig behandelt. 

Februar 2020 - Wo investieren? In Hard oder Soft Factors?

Empirische Untersuchungen (n=584) zeigen, dass Investitionen (in der Dienstleistungsbranche) in menschliche Faktoren erfolgsversprechender sind, als in technische Faktoren.

Aktivitäten in den Bereichen Mitarbeiter, Führung und Unternehmenskultur tragen am meisten zur Erhöhung der Kundenorientierung - und somit zum nachhaltigen Gewinn  einer Unternehmung bei. Technische Aspekte wie Strategie, Struktur, Prozesse oder das Informationsmanagement, lassen sich zwar einfacher und schneller realisieren, sind aber weniger effektiv als zwischenmenschliche Faktoren. Ein Mindestmass an Aktivitäten ist jedoch in allen Bereichen notwendig.